Zwerchfellbruch – medikamentös behandeln oder besser operieren?
Jeder zweite Deutsche über 50 hat einen Zwerchfellbruch. So sagt es die Statistik. So weit, so erschreckend. Aber muss ein Zwerchfellbruch so dramatisch sein, wie es sich anhört? Denn schließlich scheint es zahlreiche Betroffene zu geben, aber wie viele beängstigende Geschichten über Hiatushernien – so ist der medizinische Fachausdruck – hat man denn schon im erweiterten Bekanntenkreis gehört?
Wann wird ein Zwerchfellbruch zum Problem? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Und zunächst einmal: Was ist ein Zwerchfellbruch überhaupt?
Bei einem Zwerchfellbruch dringen Teile des Magens durch eine Lücke im Zwerchfell, den Hiatus, in den Brustraum ein. Normalerweise sind Brust- und Bauchorgane durch das Zwerchfell voneinander getrennt. Die Speiseröhre führt durch eine schmale Lücke im Zwerchfell in den Bauchraum. Im Bereich dieser Lücke sind Speiseröhre und Magen normalerweise gut fixiert. Bei einem Zwerchfellbruch ist dieser bindegewebige Halteapparat aber so schlaff, dass Teile des Magens durch die Lücke hindurch nach oben rutschen können. Die Speiseröhre wird aus der Bauchhöhle in den Brustraum verlagert. „Diese Verlagerung stört den gesunden Ventil-Mechanismus zwischen Speiseröhre und Magen wesentlich, wodurch Mageninhalt und die im Magen produzierte Magensäure zurückfließen können in die Speiseröhre“, erklärt Chefarzt Dr. Carsten Triller, Gastroenterologe des Bauchzentrums am Städtischen Krankenhaus Heinsberg.
Bildunterschrift v.l.n.r.: Chirurgie und Innere Medizin arbeiten Hand in Hand. Chefarzt Dr. Konstantinos Lioupis und Chefarzt Dr. Carsten Triller stehen in ihrer Arbeit innerhalb des Bauchzentrums im Krankenhauses Heinsberg in regem Austausch.
Refluxerkrankung ein häufiges Symptom
Kleinere Zwerchfellbrüche bleiben oft unbemerkt und werden häufig als Zufallsbefund bei der Durchführung von radiologischen Untersuchungen oder bei Magenspiegelungen entdeckt. „Bei größeren Zwerchfellbrüchen können aber schon gravierende Symptome beobachtet werden“, so Dr. Triller weiter. „Die meisten unserer Patienten mit einem größeren Zwerchfellbruch stellen sich mit den typischen Zeichen einer Refluxerkrankung vor, dem erhöhten Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre. Je nach Ausprägung dieses Symptoms kann es auch zu einem Überlauf der Magensäure aus dem Magen in die Luftröhre kommen. Folglich beobachtet man Patienten, die sich mit einem Räuspern, Husten, Heiserkeit, Atemproblemen, Atemnot bis hin zu Asthma vorstellen.“ Der kontinuierliche Rückfluss von Magensäure ist für Betroffene dabei nicht nur sehr unangenehm. Es können auch entzündliche Veränderungen der Speiseröhrenschleimhaut entstehen. Aus dieser chronischen Entzündung ist wiederum die Entwicklung von Krebsvorstufen und letztlich Krebs möglich.
Krankheitsbild immer abklären
Die frühzeitige Diagnose eines problematischen Zwerchfellbruchs hilft, Symptome zu lindern und Spätfolgen zu vermeiden. Dazu findet routinemäßig eine körperliche Untersuchung statt, nach der klassischerweise dann bei einem Verdacht die Sicherung des Befundes durch eine Speiseröhren-Magen-Darm-Spiegelung erfolgt. „Ist dabei ersichtlich, dass die Refluxkrankheit schon fortgeschritten ist, erfolgt auch eine histologische Untersuchung des Befundes, also eine Gewebsuntersuchung, um einen möglichen Krebsverdacht auszuschließen. Außerdem können wir die Speiseröhrenfunktion und seit neuestem auch den Gehalt von Säure und anderen Verdauungssäften in der Speiseröhre messen“, erklärt der Gastroenterologe.
Medikamente oder Operation – welche Therapieform passt am besten?
Welche Therapieoption am besten passt, beraten die Internisten und Chirurgen des Bauchzentrums im Krankenhaus Heinsberg fachübergreifend anhand aller vorliegenden Befunde.
„Kommt es neben der Speiseröhre zur Verlagerung von Magen- oder Darmanteilen in den Brustraum ist eine Operation für eine langfristige Besserung der Symptomatik unumgänglich“, berichtet Chefarzt Dr. Konstantinos Lioupis, leitender Allgemein- und Viszeralchirurg des Bauchzentrums. Denn hierbei könne es zur Beeinträchtigung der Atmung oder der Herzfunktion kommen, auch eine lebensgefährliche Durchblutungsstörung der hochgerutschten Organe ist möglich.
Etwa 70-80% der Patienten mit einer Refluxkrankheit haben einen sogenannten Gleitbruch im Bereich des Zwerchfells. Hier ist häufig eine konservative Therapie mit Änderung der Lebensgewohnheiten und Einnahme von Protonenpumpenhemmern angezeigt. Allerdings kann auch in diesen Fällen der Patient langfristig von einer Operation profitieren, wenn klar definierte Voraussetzungen erfüllt sind. Nach länger bestehender Refluxkrankheit lassen sich Beschwerden häufiger auch durch höhere Dosen der medikamentösen Therapie nicht mehr ausreichend lindern oder die Patienten entwickeln Unverträglichkeiten auf die Medikamente. Auch ein Fortschreiten der entzündlichen Veränderungen in der Speiseröhre im Rahmen des Refluxes können durch eine Operation günstig beeinflusst werden.
Minimal-invasiver Eingriff sichert die Position des Magens
„Im Falle einer OP, die wir minimal-invasiv in der sogenannten Schlüssellochtechnik durchführen, wird der Zwerchfellbruch durch nicht auflösbares Nahtmaterial verschlossen. Anschließend formen wir aus speziellen Anteilen der Magenwand eine Manschette um den untersten Abschnitt der Speiseröhre oder fixieren den Magen am Zwerchfell, um dessen Position zu sichern und eine erneute Verlagerung zu verhindern. Beide Verfahren haben sich in der Vergangenheit als besonders nachhaltig erwiesen. Und die minimal-invasive Vorgehensweise ist eine sehr schonende Vorgehensweise für die Patienten“, erklärt Chefarzt Dr. Lioupis weiter. Zur Qualitätssicherung werden alle Patienten nach der Operation in bestimmten Zeitabständen unabhängig nachuntersucht und die Ergebnisse in einem Register dokumentiert.
Zusammenfassend lautet die gute Nachricht also: Mit einem kleinen Zwerchfellbruch, der wie eingangs erwähnt, recht häufig vorkommt, lässt es sich in den meisten Fällen weiter ganz problemlos durchs Leben gehen.