Speedboat-ESD: Krankenhaus Heinsberg erste Klinik in Deutschland mit neuem Verfahren
Besonders schonende Entfernung von Polypen und Tumoren im Magen-Darm-Trakt
Als erstes Krankenhaus in Deutschland kann das Städtische Krankenhaus Heinsberg in seinem zertifizierten Magen-Darm-Zentrum das seit diesem Jahr in der EU zugelassene so genannte Speedboat-ESD-Verfahren anbieten. ESD steht für endoskopische Submucosa-Dissektion und bedeutet, dass mittels Endoskop dünne Bindegewebsschichten im oberen oder unteren Magen-Darm-Trakt durchtrennt werden, um Polypen oder bösartige Veränderungen zu entfernen.
Der entscheidende Vorteil des neuen bipolaren Speedboad-ESD-Verfahrens ist, dass alle nötigen Arbeitsschritte mit nur einem einzigen Instrument abgeschlossen werden können. Wo zuvor Katheter, Messer, Zangen zur Blutstillung und Injektionsnadeln einzeln über das Endoskop eingebracht werden mussten, vereint das Speedboat alle Funktionen in sich und ist dabei genau so winzig wie ein einzelnes Instrument. Das notwendige Unterspritzen der Schleimhaut, das Schneiden und gleichzeitige Blutstillen werden über das gleiche Werkzeug realisiert.
Medizinische Vorteile überzeugen
„ESD mit dem Speedboat ist eine enorme Weiterentwicklung, die das Verfahren einfacher, schneller und sicherer macht. Medizinisch liegen die Vorteile des bipolaren Speedboats unter anderem in einer wesentlich glatteren Schnittfläche und einer tieferen Abtragung“, schwärmt Chefarzt Dr. Carsten Triller, Gastroenterologe im Krankenhaus Heinsberg und einer der ersten Ärzte, die durch die erforderliche Speedboat-Schulung berechtigt sind, das Verfahren anzuwenden. „Diese glattere Schnittfläche erlaubt eine genauere Beurteilung des entfernten Gewebes. So kann zuverlässiger entschieden werden, ob z.B. eine OP nötig ist, um Gewebe großflächiger zu entfernen. Frühkarzinome und Polypen lassen sich häufig vollumfänglich mittels Endoskopie-Verfahren entfernen. Eine belastende OP fällt dann aus.“
Effektiver ist das Speedboat-ESD-Verfahren darüber hinaus, da die Schnittebene im Vergleich zur klassischen ESD noch tiefer am Muskel angesetzt werden kann. Die Rückseite der Schnittfläche ist durch eine isolierende Hülle geschützt. Bei einer erforderlichen Blutstillung wird das Gewebe durch gezielten Einsatz von Mikrowellenenergie im Umkreis von 1 mm schonend erwärmt und nicht wie bei der klassischen ESD durch Hitzeeinwirkung zerstört.
Eingesetzt werden kann das Verfahren auch bei der Achalasie, einer Erkrankung der Speiseröhre, die sich in Form von Schluckbeschwerden äußert. Dabei erschlafft der untere Speiseröhrenschließmuskel nicht ausreichend, was dazu führt, dass sich die Nahrung in der Speiseröhre anstaut und nicht in den Magen weitertransportiert wird. Abhilfe verschafft dann eine Spaltung der erkrankten Muskulatur der Speiseröhre nach dem Prinzip der POEM-Prozedur, die über ein flexibles Endoskop im Rahmen einer Magenspiegelung durchgeführt wird. Das endoskopische POEM-Verfahren (POEM = perorale endoskopische Myotomie) kann dann eine laparoskopische Operation ersetzen und ist wirkungsvoller als eine klassische Ballondehnung des Muskels.
Auch für Patienten mit Herzschrittmachern und implantierten Defibrillatoren sind die bipolaren Messer des Speedboat-ESD geeignet, da es hierbei zu keinen Interferenzen oder Störungen des Schrittmachers kommt.
„Durch die minimal gehaltene Wärmeausbreitung kommt es zu keinem Gewebeschaden in der Tiefe, sodass späte Komplikationen wie Nachblutungen oder Perforationen im Vergleich zur monopolaren ESD minimiert werden können“, erklärt Chefarzt Dr. Triller. Ebenso vollständig vermieden werde eine relevante Narbenbildung oder Einengung des Gewebes, welches insbesondere im Rektum Stuhlentleerungs- oder sogar Inkontinenzprobleme verursachen könne.
„Die endoskopische minimal-invasive Therapie von Frühkarzinomen im Magen-Darm-Trakt ist erklärtes Qualitätsziel unseres Magen-Darm-Zentrums. Darum ist die Einführung des Speedboat-Systems eine wichtige Erweiterung des besonderen Leistungsangebotes unseres Zentrums“, konstatiert Triller.